Die linke und die rechte Hand des Arbeitgebers… Verrat im eigenen Lager: Betriebsrat stimmt Änderungskündigung zu

Was passiert, wenn der Betriebsrat nicht mehr die Interessen der Beschäftigten vertritt, sondern zum verlängerten Arm des Arbeitgebers wird? Genau das erleben wir aktuell bei einem Teilbetrieb der WMF in Geislingen.

BR Marionette

5. November 2025 5. November 2025


Was passiert, wenn der Betriebsrat nicht mehr die Interessen der Beschäftigten vertritt, sondern zum verlängerten Arm des Arbeitgebers wird? Genau das erleben wir aktuell bei einem Teilbetrieb der WMF in Geislingen. Konkret im Bereich des Retail dieses Unternehmens, welches jüngst Schlagzeilen machte wegen Tarifflucht.

Der Skandal: Ein Betriebsratsmitglied erhält eine Änderungskündigung – und der Betriebsrat stimmt zu.

Die Story

Nach der Schließung des WMF-Stores in Heidenheim erhielten alle Beschäftigten des Stores Aufhebungsverträge mit Abfindung. Eine Kollegin, Store-Managerin und Mitglied des Betriebsrats, lehnte diese Angebote mehrfach ab – trotz hoher Summen. Sie wollte im Unternehmen bleiben und bewarb sich mehrfach auf Stellen in Geislingen. Ohne Erfolg.

Es gibt eine klare Betriebsvereinbarung: Versetzungen mit einer verlängerten Fahrzeit von 30 Minuten sind ausgeschlossen da sie als unzumutbar vereinbart wurden. Trotzdem bot das Unternehmen der Kollegin eine Stelle in Stuttgart an, wohlwissend, dass die Entfernung des Wohnorts minimal 90 Min. bis Stuttgart beträgt. Sie lehnte ab – völlig zu Recht. Nun folgt die Änderungskündigung. Wer diese nicht annimmt, verliert den Job.

Der Skandal: Verrat im eigenen Team

Betriebsratsmitglieder genießen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung – auch eine Änderungskündigung – ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Doch anstatt die Kollegin zu schützen, stimmte der Betriebsrat zu. Das ist Verrat an das eigene Team – und an allen Beschäftigten.

Hinzu kommt, dass der Betriebsrat einen gesetzlichen Anspruch auf drei freigestellte Betriebsratsmitglieder hat. Keine einzige Freistellung wird genutzt. Es wäre so leicht gewesen die Kollegin vor der Willkür des Arbeitgebers zu schützen. Aber wenn sich die Mehrheit des Betriebsrats als verlängerter Arm des Arbeitgebers sieht, wird es schwierig.

„Ich habe immer gesagt, dass jede Belegschaft den Betriebsrat hat, den sie verdient“, so Pascal Holz von der IG Metall, „aber sowas hat keine Belegschaft verdient“.

Was bedeutet das?

Wenn der Betriebsrat nicht einmal seine eigenen Mitglieder schützt, wie sollen sich „normale“ Beschäftigte sicher fühlen? Dieses Verhalten untergräbt das Vertrauen in die Mitbestimmung und stärkt die Macht des Arbeitgebers. Kurt Tucholsky sagte einmal:

„Der schlimmste Feind steht im eigenen Lager.“

Genau das erleben wir hier.