Erste Filstalkonferenz Zukunftsfragen im Filstal diskutiert

Bei der ersten Filstalkonferenz konnten 120 Teilnehmende intensiv über die industriepolitische Zukunft in der Region diskutieren. Spannende Inputbeiträge führten ins Thema ein.

Filstalkonferenz

24. Oktober 2025 24. Oktober 2025


Michael Kocken, erster Bevollmächtigter der IG Metall im Filstal, konnte 120 Teilnehmende bei der Konferenz begrüßen, die gemeinsam mit dem Transformationsnetzwerg CARS 2.0 realisiert werden konnte. Bernd Eichner, Projektleiter im Transformationsnetzwerk, erinnerte in seiner kurzen Einführung an die einstige Wirtschaftsstärke der Region. Kocken beschrieb den stetigen Niedergang, der „seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 zunehmend zu beobachten ist“. Allein in diesem Jahr wurde bereits eine erhebliche Anzahl an Unternehmen, oder so wie im Fall Allgaier nach der Insolvenz, zum Jahresende geschlossen.

Damit einhergehend befürchtet Kocken „eine erhebliche Auswirkung auf gesellschaftliche Strukturen“.

„Genau deswegen brauchen wir diese Auftaktkonferenz, um gemeinsam die Zukunft diskutieren zu können.“ so der Gewerkschafter.

Kocken machte deutlich, dass es an der Zeit ist „Banden zu bilden“. Nicht im Sinne einer kriminellen Vereinigung, sondern als Gesellschaftliches und eventuell auch ungewöhnliches Bündnis.

Bernd Eichner resümierte die verschiedenen Veranstaltungen, die es bisher in einer gemeinsamen Qualifizierungsreihe gab. Insbesondere sprach er die Möglichkeit der Kreislaufwirtschaft in der Region an, diese könne interessante Möglichkeiten bieten.

Holger Haas von der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart beschrieb in seinem Grußwort den Wert von Transformationsnetzwerken. Er zeigte die Leistungsfähigkeit und Unterstützungsstärke dieser Netzwerke in der Region. Haas begrüßte die Konferenz im Filstal, da dadurch ein positiver Impuls für Arbeitsplätze in der Region ausgehen kann.

Dr. Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, beschrieb in seinem Input einen bunten Strauß zusammenhängender und sich verstärkender Ereignisse. Die „Poly-Krise“, welche seit Jahren zu spüren ist, sind verschiedene Krisen, die nicht einfach enden, sondern sich gegenseitig durchdringen und Abhängigkeiten schaffen. „Beseitigt man eine Krise, muss man aufpassen, eine andere Krise nicht zu verstärken“, so Urban.

Auswirkungen auf die Gesellschaft beschrieb Urban eindringlich an der Rentenfrage. Urban erläuterte die Zusammenhänge und machte deutlich, dass im bestehenden Wirtschaftssystem verschiedene Fragen nicht lösbar sind. Gesellschaftliche Ungleichheiten müssen grade in Krisenzeiten minimiert werden.

Die Fragen der Transformation verknüpfte Urban mit dem Thema der Nachhaltigkeit, welches die Veranstalter Kocken und Eichner Eingangs auch beschrieben hatten. Urban beschwor „Nachhaltige Arbeit als Leitbild“. Nachhaltigkeit der Arbeit sind gute und gesunde Arbeitsbedingungen, aber auch Tarifverträge, die gute Arbeitsbedingungen regeln.

Damit beschrieb Urban die zwei Seiten nachhaltiger Transformation. Nachhaltigkeit zum einen bei den Arbeitsbedingungen, zum anderen aber auch im Produktionsprozess.

„Die Transformation nicht nur als ökologische Transformation, sondern als sozial-ökologische Transformation zu betrachten ist der Weg alle Menschen mitzunehmen“, so Urban. „Aber die ökologische Transformation wird sich nicht nur über die Märkte regeln lassen, dafür brauchen wir politische Leitplanken und Unterstützung“, unterstreicht das IG Metall Vorstandsmitglied.

Im zweiten Input vom Zukunftsforscher Matthias Horx zeigte der Wissenschaftler verschiedene Blickwinkel auf die von ihm genannte OMNI-Krise. Er beschwor einen „Mutanfall statt Wutanfall“.

Zukunftsforscher haben sich immer mit Megatrends auseinandergesetzt. Da man immer davon überzeugt war, dass Megatrends sich langfristig entwickeln und weitere Trends generieren. Horx machte deutlich, dass Trends immer auch Gegentrends erzeugen. „Zunehmende Globalisierung erzeugt mehr Nationalismus“ nannte er als überzeugendes Beispiel. Deswegen plädiert Horx für einen „Glokalismus“, „warum sollten wir nicht in einer Gesellschaft leben, die global sein kann und Lokal verwurzelt ist“ stellt Horx eine wichtige Frage. Mit Blick auf das Filstal zeigte der Forscher, dass es möglich ist sein Geschäft neu zu denken. Er beschrieb die Zusammenarbeit mit der Firma Strassacker. Das familiengeführte Unternehmen, eine Kunstgießerei, arbeitet vorwiegend in einer sich verändernden Bestattungskultur. Gemeinsam wurde ein neues Konzept und eine neue Gedenkkultur mit Gedenkorten geschaffen. Das kann sich jeder Interessierte am Firmensitz in Süssen anschauen.

Horx zeigte am Ende des spannenden Vortrags mit Blick auf Regionen wie das Filstal was progressive Provinzen brauchen:

1.      Aktive Heimkehrer

2.      Lokale Visionäre

3.      Kreative und aktive Verwalter

4.      Mutige Projekte mit Ecken und Kanten

5.      Win-Win-Kultur mit einem Kooperationsgeist

6.      (un)Geduld

7.      Selbstvertrauen

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden unterschiedliche Standpunkte deutlich, aber Unterschiedlichkeiten können durch eine gute Debatte überwunden werden. Viele Diskussionsbeiträge des Publikums bereicherten die Veranstaltung.

„Es kommt mir nicht drauf an, dass alle sagen, es sei eine gute Konferenz gewesen,“ sagt Veranstalter Kocken. Ihm komme es vielmehr darauf an, diese Konferenz als Startschuss zu begreifen. Von hier aus müssen die nächsten Schritte gemacht werden und ein ständiges und lebendiges Netzwerk muss gemeinsam daran arbeiten, dass im Filstal neue Industrieunternehmen ansiedeln können und so neue und gute Arbeitsplätze entstehen können.